Ich vermute das wissen die hier selbst nicht so genau 🙂
Hier wird sogar von manchen Behörden munter zwischen den Schreibweisen hin- und hergeswitcht. Da ich esgenau wissen wollte, bin ich im Netz auf diesen Artikel gestoßen, der das „Problem“ erschöpfend behandelt.
Gießen heißt Gießen – nicht Giessen
Schleichende Änderung der Schreibweise – Doppeltes „s“ vor rund 150 Jahren verschwunden – Computer und Internet
Jochen Lamberts
GIESSEN. Herauszufinden, wer mit der Unart anfing, Gießen mit zwei „s“ zu schreiben, wird heute kaum noch möglich sein, aber sie hat sich inzwischen zu einer Art Selbstläufer entwickelt. Täglich tauchen mehr Meldungen und Briefe mit dieser Schreibweise auf, ja sogar in amtlichen Mitteilungen ist das doppelte „s“ inzwischen zu finden, und es werden immer mehr Firmen, Institutionen und Vereine, die „Giessen“ in ihrem Logo verwenden, vermutlich sogar so haben eintragen lassen. Aber es ist nicht das erste Mal, dass sich der Name und die Schreibweise der Universitätsstadt in schleichender Form geändert haben, wie Dr. Ludwig Brake, Leiter des Stadtarchivs, zu berichten weiß:
Der Name Gießens leitet sich aus der geografischen Gegebenheit des Mündungsgebiets der Wieseck in die Lahn her – wo sich die Wieseck in die Lahn ergießt. Sprachhistorisch ist der Ursprung das althochdeutsche Verb „giozan (kiozan)“ welches dem heutigen Verb „gießen“ entspricht.
Die Schreibweise von Gießen ist durch Herkommen, nicht aber durch eine Rechtsetzung geregelt. Seit dem 19. Jahrhundert wird allgemein „Gießen“ sowohl handschriftlich als auch im Druck geschrieben. Vorher variiert die Schreibweise des Namens Gießen: Giezzen (1197 in der Ersterwähnungsurkunde), Giezen (13. u. 14. Jahrhundert in Urkunden), daneben aber auch Gyzyn, Gizen, Gezen oder ze den Giezzen. Die Schreibweise des Zischlautes verändert sich im Laufe der Zeit stark, erklärt der Archivar.
Seit dem 17. und 18. Jahrhundert setzt sich die Schreibweise „Gieszen“, also „sz“ durch, die in der deutschen Schrift zunächst mit zwei Buchstaben (einem Lang-s und einem z, beide mit Unterlänge) wiedergegeben wird, die später allgemein zum Buchstaben „ß“ verschmelzen. In der Deutschen Druckschrift ist dies noch zu erkennen. Da es in der deutschen Schrift für „ß“ keinen Großbuchstaben gibt, hat es sich eingebürgert, bei der Schreibweise in Großbuchstaben einen Doppelkonsonanten zu verwenden. Üblicherweise gilt daher bei der Verwendung von Kleinbuchstaben die Schreibweise „Gießen“, bei der Verwendung von Großbuchstaben die Schreibweise „GIESSEN“. Dies entspricht auch den Regelungen des Duden, wobei jedoch die Ausnahme gilt, dass „in Dokumenten … bei Namen aus Gründen der Eindeutigkeit auch „ß“ verwendet werden“ kann.
Ein Blick ins Archiv des seit 1750 bestehenden Gießener Anzeigers zeigt, dass auch dessen Titel einem Wandel unterzogen war. Bei der Gründung hieß der Anzeiger „Giesser Wochen-Blatt“. Es folgten weitere Titel wie Giesser Intelligenzblatt und Giesser Anzeigungs-Blättchen. Auffallend hierbei, dass 1841 erstmals im Zeitungstext Gießen mit „ß“ geschrieben wird. Erst zwei Jahre später mit der Ausgabe zum 1. Juli 1843 erschien der Anzeiger unter dem Titel „Anzeigeblatt der Stadt und des Regierungsbezirks Gießen“. Die zwei „s“ sind verschwunden.
Mit Beginn des neuen Jahrtausends schleicht sich die alte Schreibweise wieder ein. Viele begründen das Phänomen mit Computerprogrammen und Internet, die das „ß“ nicht kennen, andere sehen Ursachen im Zusammenwachsen von Europa, da der Buchstabe in anderen Sprachen nicht existiert. Auch die Rechtschreibreform dürfte ihren Teil beigetragen haben, obwohl sie das doppelte „s“ nur nach kurzen Vokalen, also nicht nach „ie“ vorsieht.
Im Jahr 2002 sorgte der damalige Bürgermeister Lothar Schüler in diesem Zusammenhang sogar für einen Parlamentsbeschluss. Ihn störte, dass in seinem Personalausweis Gießen in Großbuchstaben, aber trotzdem mit „ß“ geschrieben wurde (GIEßEN). Manche, die noch einen älteren Ausweis besitzen, können diese Schreibweise darin finden. Dies änderte sich allerdings, als Schüler sogar einen Verwaltungsgerichtsakt daraus machen wollte, der aber keinen richterlichen Abschluss fand, weil das Stadtparlament vorher entschied, dass die Schreibweise „GIEßEN“ in amtlichen Dokumenten nicht mehr verwendet werden darf. Seitdem steht in den Pässen „GIESSEN“. Etwas einfacher hat man es sich beim Landratsamt gemacht, wo in Führerscheinen oder Fahrzeugscheinen zunächst auch das „ß“ zwischen den Großbuchstaben etwas hilflos hing. Man druckte den Stadt- beziehungsweise Kreisnamen fortan einfach in Kleinbuchstaben, und da war das „ß“ ohnehin vorgeschrieben.
Die amtliche Schreibweise „Gießen“ wurde im übrigen bei der Auflösung der Stadt Lahn im Jahre 1972 durch das Lahn-Dill-Gesetz festgelegt. Im Paragraphen 1 Absatz 2 heißt es: „…wird mit dem Namen Stadt Gießen…“. Fazit: Solange kein amtlicher Beschluss vorliegt, heißt Gießen Gießen und nicht Giessen.(Gießener Anzeiger, 2. Januar 2007)
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